Industrie lehnt Überlegungen der Umweltministerin zu Biokraftstoffen ab

Auf Unverständnis bei der Biokraftstoffindustrie stößt die Ankündigung von Bundesumweltministerin Steffi Lemke, weniger Agrarrohstoffe zur Biokraftstoffherstellung einsetzen zu wollen. „Aufgrund der hohen Agrarpreise wird die Produktion bereits jetzt deutlich eingeschränkt. Die Ministerin will also etwas gesetzlich regeln, auf das der Markt bereits reagiert hat. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, wieso die Ministerin meint, einschreiten zu müssen“, sagte Elmar Baumann, Geschäftsführer beim Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB). Er verwies darauf, dass Biokraftstoffe der wesentliche Baustein für Klimaschutz im Mobilitätssektor seien und einen Anteil von über 95 Prozent an den erneuerbaren Energien im Straßenverkehr ausmachen. „Ohne Biokraftstoffe werden die gesetzlichen Vorgaben zum Klimaschutz auf Jahre krachend verfehlt. Die Bundesregierung müsste erklären, womit sie die derzeit einzige in größerem Umfang vorhandene Klimaschutzmaßnahme im Verkehr ersetzen wollen“, sagte Baumann.

Würde die Biodieselherstellung eingeschränkt und damit mehr Rapsöl zur Verfügung stehen, wäre für den Lebensmittelmarkt keineswegs mehr essbares Pflanzenöl vorhanden. Denn die Lebensmittelraffinationen laufen weltweit bereits am Anschlag, so dass nicht mehr Rohstoff verarbeitet werden könnte. Auch die Minderung der Bioethanolherstellung hätte nicht den gewünschten Effekt, denn das für Ethanol verwendete Getreide erreicht überwiegend nicht Lebensmittelqualität. „Weiterhin ungeklärt ist, woher die Umweltministerin Glycerin beziehen will. Schließlich hat das Koppelprodukt von Rapsbiodiesel in den vergangenen Jahren sein fossiles Äquivalent als unverzichtbarer Bestandteil von Lebensmitteln, Kosmetika und Arzneimitteln praktisch vollständig ersetzt. Nach den Plänen von Frau Lemke müsste wieder fossiles Glycerin eingesetzt werden – eine absurde Idee“, sagte Baumann.

Das deutsche Klimaschutzgesetz schreibt vor, dass die Emissionen im Verkehr in den kommenden 8 Jahren um fast 57 Prozent auf 85 Millionen Tonnen im Jahr sinken müssen. Derzeit liegen die Emissionen bei etwa 148 Millionen Tonnen, hierbei sind die Treibhausgasminderungen durch Biokraftstoffe eingerechnet. „Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse haben im vergangenen Jahr rund 9 Millionen Tonnen Treibhausgase eingespart. Ohne ihre Klimaschutzleistung sähe die Treibhausgasbilanz im Verkehr noch verheerender aus. Dies scheinen die Grünen-Minister akzeptieren zu wollen“, sagte Baumann.

Nach der europäischen „Effort Sharing Regulation“ (ESR, deutsch Lastenteilungsverordnung“ genannt) muss Deutschland den Treibhausgasausstoß in den Bereichen Verkehr, Gebäude, Land- und Abfallwirtschaft von 2021 bis 2030 um 38 Prozent im Vergleich zum Jahr 2005 senken. Erreicht die Bundesregierung diese Vorgabe nicht, muss sie Emissionsrechte von anderen EU-Mitgliedsstaaten kaufen, die ihre eigenen Verpflichtungen übererfüllen. Derzeit verfehlt Deutschland die Vorgaben der Effort Sharing Regulation. „Ein Verzicht auf Biokraftstoffe käme den deutschen Steuerzahler teuer zu stehen, denn die Zahlungen im Rahmen der Lastenteilung werden weiter steigen, wenn Umweltministerin Lemke und Landwirtschaftsminister Özdemir ihre Pläne durchsetzen sollten. Hinzu kommt, dass fossiler Diesel derzeit sehr knapp und teuer ist. Ein Verbot von Biodiesel hätte unmittelbar negative Folgen für das Angebot und den Preis von Dieselkraftstoff“, sagte Baumann.

„Die Maßnahmen, die ergriffen werden sollen, sind untauglich, weil dadurch nicht mehr Nahrungsmittel zur Verfügung stünden. Sie sind unvernünftig, weil der Markt bereits reagiert. Mit ihnen verfehlt Deutschland die eigenen Klimaschutzvorgaben aus dem Klimaschutzgesetz. Und die Pläne sind teuer, weil Verschmutzungsrechte von anderen EU-Mitgliedsstaaten und knapper fossiler Dieselkraftstoff gekauft werden müssten.“

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