55%-Klimaziel: EU-Kommission plant im Verkehr mit Fata Morgana
Den in Brüssel bekannt gewordenen „2030 climate target plan“ der Europäischen Kommission kritisiert der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) scharf. „Die Kommission verkennt vollständig die Realitäten im Verkehrssektor und will die Emissionen mit Instrumenten senken, die erst in einigen Jahren überhaupt in messbarem Umfang verfügbar sind: E-Mobilität, Wasserstoff und strombasierte Kraftstoffe”, sagte Elmar Baumann, Geschäftsführer beim VDB. Gleichzeitig sollen nachhaltig produzierte Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse durch neuartige Biokraftstoffe ersetzt anstatt ergänzt werden. “Diese Pläne der Kommission sind fachlich unseriös, sie will Klimaschutz mit einer Fata Morgana erreichen. Sollte die Kommission diesen abstrusen Plan umsetzen, werden die Emissionen im Verkehr nicht sinken, sondern steigen”, sagte Baumann. „Elektromobilität und Wasserstoff müssen vorangebracht werden, sie sind aber bis zum Jahr 2030 nicht im Entferntesten in der Lage, die erforderliche Minderung der Treibhausgasemissionen zu erbringen.“ Wie weit die Kommission sich von den Realitäten entfernt hat, zeige ihr Ansinnen, ohne Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse auskommen zu wollen, die in dem Zeitraum bis 2030 den mit Abstand größten Beitrag leisten könnten. „Offenbar nimmt die Europäische Kommission eher ein grandioses klima-, industrie- und landwirtschaftspolitisches Scheitern in Kauf, als sich von ihrem konzeptionellen Irrweg zu verabschieden.“ Auf anderen Kontinenten gehe man weniger ideologisch vor. Europa werde deshalb als Folge der Politik der Kommission Rohstoffe zur Biokraftstoffproduktion voraussichtlich exportieren. Derzeit sind Biodiesel und Bioethanol praktisch die einzige Alternative zu fossiler Energie im Straßenverkehr. Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse können bis 2030 rund 60 Millionen Tonnen CO2 einsparen, was nach Angaben des Umweltbundesamtes den CO2-Jahresemissionen von Irland entspricht.
Die Kritik der Biokraftstoffindustrie entzündet sich zudem daran, dass der Verkehrssektor in den Europäischen Emissionshandel (EU-ETS) einbezogen werden soll. Dies brächte angesichts dann massiv steigender CO2-Preise erhebliche Probleme für Energiewirtschaft und Industrie mit sich. Schließlich gibt es in Deutschland für den Straßenverkehr mit der Treibhausgasquote bereits seit Jahren eine anspruchsvolle CO2-Bepreisung. Während die Preise im EU-ETS bei rund 25 €/Tonne CO2 liegen, kostet sie im Verkehr ein Vielfaches. „Durch die sehr unterschiedlichen CO2-Preise im EU-ETS und im Verkehr käme es zu großen Verwerfungen, wenn beide Systeme zusammengeführt würden. Auch hier zeigt sich, wie weit entfernt die Vorschläge der Kommission von der wirtschaftlichen Machbarkeit sind“, sagte Baumann. Ein separater Emissionshandel für den Gebäude- und Verkehrssektor sei zwar vorstellbar. Schließlich würde dies auch gezielt die Branchen betreffen, die von der Kommission erreicht werden sollen. Die bestehenden ordnungsrechtlichen Vorgaben müssten in diesem Fall jedoch fortgeführt werden, damit die Klimaschutzziele tatsächlich erreicht werden.
„Der Verkehr ist und bleibt das Sorgenkind des Klimaschutzes, nicht zuletzt aufgrund der bisherigen regulatorischen Fehlleistung der Kommission in Brüssel. Jetzt die Ziele zu erhöhen und Biokraftstoffe als maßgebliche Lösung auszusondern, statt auf ihnen aufzubauen, zeigt die konzeptionellen Schwächen der Europäischen Kommission“, sagte Baumann. „Der „2030 climate target plan“ der Kommission ist in Bezug auf Biokraftstoffe fachlich mangelhaft und wird in keiner Weise zu den erhofften Ergebnissen im Verkehrssektor führen. Er ist eine weitere vertane Chance.“
Der VDB fordert, dass alle erneuerbaren Kraftstoffe – insbesondere Biodiesel, Bioethanol und Biomethan – auf die Flottengrenzwerte für Fahrzeuge angerechnet werden. „Mehr erneuerbare Kraftstoffe bedeuten mehr Klimaschutz. Elektromobilität allein reicht absehbar nicht aus. Mehr Realismus und weniger Fata Morgana stünden der Kommission gut zu Gesicht“, sagte Baumann.
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